"[i-TRIXX] Das ungelöste Rätsel des elektronischen Balles"
Nehmen wir einmal an, wir legen entlang jeder Naht eines Fußballes einen Widerstand von einem Megaohm und löten alle Verbindungspunkte zusammen. Wie hoch ist nun der Widerstand zwischen zwei gegenüberliegenden Punkten?"
Obwohl ich leider erst sehr spät auf dieses Rätsel stieß, reizte es mich natürlich, da mitzurätseln. Ein besonderer Anreiz ist, dass im Elektor-Labor anscheinend auch noch gerätselt wird und die Anwort nicht schon vorher existiert.
Für einen Hobby-Elektroniker wie mich ist es eher unwahrscheinlich, dass von einem einzigen Widerstandswert gleich 90 Stück paratliegen. Somit war - auch im Hinblick auf eine folgende Berechnung - die Suche nach einer Vereinfachung des Problems geboten.
Symmetriebetrachtungen
Der Widerstand soll zwischen zwei gegenüberliegenden Punkten - also Ecken - gemessen werden. An jeder Ecke treffen sich zwei Sechsecke und ein Fünfeck. Somit gibt es für die - willkürlich ausgewählte - Ecke eine Linie, um die das Gebiet spiegelsymmetrisch ist.
Symmetrie-Linie
Diese Linie bildet insgesamt einen Kreis um den Ball herum, der diesen in zwei gleich Hälften teilt. Somit genügt es, den Widerstand einer Hälfte zu ermitteln und diesen dann - wegen der Parallelschaltung mit der anderen Hälfte - im Wert zu halbieren.
Weitere Vereinfachungen Zeichnet man besagten Kreis in eine Skizze ein, so ergibt sich folgendes Bild.
Symmetrie-Kreis teilt den Ball in zwei Hälften
Der Teil außerhalb des Kreises gehört zur Rückseite des Balls; somit kann diese Skizze natürlich nicht perspektivisch richtig sein, was für die folgende Betrachtung aber auch nich sein muss. Auch die 1MOhm-Widerstände sind hier nicht eingezeichnet; jede Kante soll einen Widerstand darstellen.
Der Kreis spaltet zwei Widerstände, die an den Anschluss-Ecken liegen, der Länge nach. Einige weitere Widerstände werden quer durchgeschnitten. Da beide Ball-Hälften exakt gleich sind, besteht keinerlei Grund dafür, dass von einer Hälte zur anderen ein Strom fließen könnte. Die quer durchgeschnittenen Widerstände können also einfach weggelassen werden, und die beiden längs gespaltenen Widerstände werden durch doppelt so hohe ersetzt, also 2MOhm.
An dieser Stelle habe ich dann den Lötkolben angeheizt und einen Ball gebaut, der nur auf einer Seite aus Widerständen besteht und ansonsten - quasi als Dummy - nur aus einfachen Drähten. An den Trennstellen wurden die Drähte unterbrochen und mit Schrumpfschlauch wieder verbunden, ohne dass eine elektrische Verbindung entsteht.
Mit Spannung den Widerstand gemessen - das Messgerät zittert mit und zeigt Werte zwischen 3.03 und 3.15 MOhm, das ist im Mittel 3.08 MOhm. Wird berücksichtigt, dass der Widerstand für den kompletten Ball zu ermitteln ist, so ergibt sich ein Wert von 1.54 MOhm. Das bestätigt mit dem im Rätsel schon angegebenen Elektor-Messwert 1.545 MOhm meine Überlegungen bis jetzt ja recht gut! :-)
Jetzt kann man im nächsten Schritt gleich diese Parallelschaltung berücksichtigen: Die zwei gespaltenen Widerstände bekommen wieder 1 MOhm und alle anderen 500 kOhm.
Einige Widerstände entfallen, das bleibt übrig
Jetzt gibt es einige Ecken, an denen sich nicht mehr 3, sondern nur noch 2 Widerstände treffen. Diese können daher jeweils zu einem Widerstand zusammengefasst werden, also 1 MOhm und an zwei Stellen 1.5 MOhm. An allen anderen Stellen bleibt es bei 500 kOhm.
Strom für eine Ecke und Gesamtstrom
Nochmals Symmetrie
Das verbleibende Gebilde aus 0.5 MOhm-, 1 MOhm- und 1.5 MOhm-Widerständen ist drehsymmetrisch. Es ist also nicht notwendig, Berechnungen für alle Ecken anzustellen, sondern es reicht eine Hälfte, z.B. nach Unterteilung an der eingezeichneten Grenzlinie.
Der Gesamtstrom durch das Maschenwerk ist die Summe der Ströme, die diese Grenz-Linie überschreiten. Natürlich könnte man zur Berechnung des Gesamtstroms auch andere Grenzen ziehen, z.B. direkt unter der Ecke U und die Ströme durch die beiden von dort ausgehenden Widerstände zusammenzählen. Aber der skizzierte Weg passt besser zu der Symmetriebetrachtung. ;-)
Spannung an den Ecken des Fußballs
Jetzt hat sich die Anzahl der Ecken, über die Berechnungen auszuführen sind, auf 11 reduziert. Für die Berechnung benutze ich die Gesetzmäßigkeit, dass nirgends Strom aus dem Nichts entstehen kann, also der von einer Ecke ausgehende Strom immer Null ist. Wird an das Gesamte Gebilde oben eine Spannung +U angelegt und - der Symmetrie wegen - unten eine Spannung -U, dann lassen sich die Spannungen an den übrigen Ecken mit 'A' bis 'K' bezeichnen und bereichnen.
Es werden 11 Gleichungen mit 11 Unbekannten aufgestellt. Ein Beispiel ist in obige Skizze eingezeichnet: Die von Ecke D ausgehenden Ströme sind (D-U)/1.5MOhm + (D-K)/1MOhm + (D-C)/0.5MOhm (alle unbezeichneten Linien sind 0.5MOhm-Widerstände). Diese Summe muss 0 sein, woraus sich die Gleichung 11D-2U-3K-6C=0 ergibt. Setzt man immer wenn U vorkommt, diesen Teil auf die rechte Seite des Gleichheitszeichens, so lautet dieses Beispiel 11D-3K-6C=2U. Entsprechende Gleichungen werden für alle 11 betrachteten Ecken aufgestellt und in eine Matrix eingesetzt.
Matrix der 11 Gleichungen mit 11 Unbekannten
Die Gleichung für die Ecke D bzw. den Spannungswert D ist hier in der 4. Zeile zu sehen: Jeweils in den Spalten C, D, K und U sind die Koeffizienzen -6, 11, -3 und 2 eingetragen.
Lösen der 11 Gleichungen per Matrix-Diagonalisierung
Gibt man diese Tabelle in ein Tabellenkalkulationsprogramm ein und beherrscht dieses Matrix-Berechnugen, dann kann man durch Invertieren der Matrix A1 bis K11 und Multiplikation mit dem Vektor U den Ergebnisvektor errechnen. Es ergibt sich:
A = U * 0,5735294117647060
B = U * 0,3382352941176470
C = U * 0,2647058823529410
D = U * 0,3382352941176470
E = U * 0,1911764705882350
F = U * 0,1176470588235290
G = U * 0,1764705882352940
H = U * 0,0735294117647059
I = U * 0,1176470588235290
J = U * 0,0147058823529412
K = U * 0,0441176470588236
und mit der Formel
R = 1MOhm * U / (E + 2F + 2H + 2J + K)
ist schließlich der gesuchte Widerstand
R = 1,54545454545455 MOhm
Lösen der 11 Gleichungen - ganz genau!
Dieses Resultat sieht ja schon sehr genau aus, und man kann erahnen, dass es sich um einen periodischen Dezimalbruch ..545454.. handelt.
Nachdem aber in dem Rätsel die Frage nach der genauesten Lösung gestellt ist, möchte ich im folgenden eine Lösung finden, die möglichst nicht an Genauigkeit noch überboten werden kann. Also machte ich mich daran, die Matrix-Rechnung von Hand durchzuführen, und zwar so, dass nur mit ganzen Zahlen gerechnet wird, also Brüche zunächst noch nicht ausdividiert werden.
Das wurde doch recht mühselig, weswegen hier nur ein paar Zwischenergebnisse gezeigt werden sollen.
Umformen, damit rechts oben nur Nullen
Jetzt rechts oben nur Nullen
Es wäre einfacher, wenn in der Diagonalen nur Einsen stünden, doch ohne Brüche geht das nicht.
Umformen, damit links unten nur Nullen
Jetzt kommen schon gemein große Zahlen vor.
Geschafft!
Die Zahl 68 spielt hier offensichtlich eine besondere Rolle. Teilweise könnte man noch kürzen, aber so ist es schöner. Jetzt können die Lösungen direkt abgelesen werden: 68 A = 39 U, 68 B = 23 U u.s.w.
Jetzt diese Ergebnisse in die Formel
R = 1MOhm * U / (E + 2F + 2H + 2J + K)
eingesetzt, ergibt den Widerstandswert
R = 1MOhm * 68 / (13 + 2*8 + 2*5 + 2*1 + 3) = 1MOhm * 68 / 44
und, so weit wie möglich gekürzt,
R = 1MOhm * 17 / 11
Uff!
Bernhard Foltz
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Tuesday, June 23, 2009
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